FVW Traveltalk 5/2023 – von ROBIN RAKSCH

Reisen verbindet Kulturen. Es fördert Frieden und Wohlstand in den Ländern. Wie Touristiker zur Völkerverständigung beitragen.

Es gibt kein besseres Gegengewicht zum Krieg als Tourismus. Das hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der ITB Berlin 2022 gesagt. „Durch Reisen kann Völkerbegegnung entstehen, nicht als politisches Programm, sondern als gelebter Alltag“.

An diesen Gedanken knüpft rund ein Jahr später das Corps Touristique (CT) an. Die Vertretung der ausländischen Fremdenverkehrsämter in Deutschland hat im Februar 2023 erstmals den Award für Volkerverständigung mit dem Motto „Über Grenzen gehen“ verliehen. In der aktuellen weltpolitischen Lage müsse die verbindende Wirkung des Tourismus hervorgehoben werden, so die Initiatoren. Sie zeichneten bei der Reisemesse CMT in Stuttgart jüngst drei Initiativen und Projekte aus unterschiedlichen Kontinenten für die Förderung interkulturellen Austauschs aus.

Tourism Ireland: Macht zwei Teile zu einem Ganzen

Der Wild Atlantic Way im Westen der Republik Irland ist mit 2600 Kilometern eine der längsten Küstenstraßen der Welt. Wer seinen Küsten-Roadtrip im County Donegal beendet, ist eventuell auch einem anschließenden Abstecher über die nahe gelegene Grenze nach Nordirland nicht abgeneigt. Aber ist sie übernaupt so einfach passierbar? Selbstverständlich, heißt es bei Tourism Ireland.

Die Marketingorganisation vermarktet die grüne Insel seit 1998 als Einheit und fördert den Tourismus im gesamten Land. „Es ist uns wichtig, Organisationen und Reisende darauf hinzuweisen, dass es diese Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland eigentlich nicht gibt“, sagt Nadine Lehmann, Market Manager Germany bei Tourism Ireland. Obwohl Nordirland gemeinsam mit Großbritannien aus der EU ausgestiegen ist, können deutsche Urlauber die Grenze problemlos mit einem Personalausweis überqueren. Viel Rundreisen führen durch ganz Irland.

2019 besuchten 749.000 deutsche Urlauber die Grüne Insel. Damit ist Deutschland nach den USA und Großbritannien der drittgrößte Incoming-Markt für den dortigen Tourismus. Nachdem ganz Irland während der Pandemie für Urlauber geschlossen war, startete
Tourism Ireland 2022 erfolgreich die Kampagne „Press The Green Button“, um Aufmerksamkeit für die wieder geöffnete Grüne Insel zu schalten. Zudem konnten sich wahrend der Campus Academy 202 von DER Touristik 200 Reisebüros ein eigenes Bild von der Insel machen. Für die gemeinsame Vermarktung der Republik Irland und von Nordirland erhielt die Marketingorganisation Tourism Ireland den CT-Award für Völkerverständigung.

Koh Mak: Gemeinsam gegen den Klimawandel

Als grüne Insel kann man Ko Mak – ähnlich wie Irland – bezeichnen. Wenn auch nicht aufgrund von saftigen Schafwiesen. Denn die weniger als 1000 Einwohner zählende Insel im Golf von Thailand gilt als besonders CO-sparsames Reiseziel. Hier arbeiten Touristen und lokale Gemeinden zusammen, um ihren Schadstoffausstoß zu verringern. Die Initiative „Laughing Island Conqueror vs Low-Carbon Footprint Traveller“ soll Reisenden Ko Mak und seine Einwohner näherbringen und Aufmerksamkeit auf den Klimaschutz lenken. Touristen sollen an Ko Maks Weg zum klimafreundlichen Reiseziel teilhaben.

Dabei kommt ein CO-Fußabdruck-Rechner zum Einsatz, der Reisedetails aufzeichnet wie zurückgelegte Distanz, touristische Aktivitäten und Ernährung. So können Urlauber den Inselbewohnern helfen, die Verschwendung natürlicher Ressourcen zu reduzieren und Müllproduktion zu vermeiden.

„Die Initiative hat zudem geholfen, den Tourismus aus bekannteren Inseln wie Phuket zu verlagern und mehr Einkommen auf Ko Mak zu generieren“, heißt es beim thailändischen Fremdenverkehrsamt Tourism Authority of Thailand.

Mit einem Fokus auf Fahrräder, Kajaks oder solarbetriebene Katamarane zur Fortbewegung wird dort seit Jahren dem Klimawandel begegnet. Aktivitäten wie Kochkurse mit ausschließlich lokalen Zutaten oder Angeltouren mit örtlichen Fischern sollen den Touristen das Leben auf der Insel näher-bringen und gleichzeitig die lokale Wirtschaft antreiben. Dafür bekam die Insel Ko Mak den CT-Award für Völkerverständigung vom Corps Touristique verliehen.

Voice4Africa: Ein Sprachrohr für den gesamten Kontinent

Der Reisestillstand während der Corona-Pandemie hat in Afrika verheerende Folgen für die Wirtschaft. Auch die Menschen in den einzelnen Ländern leiden darunter, und für den Arten- und Naturschutz fehlen bei ausbleibenden Touristen die Fördermittel. „Die Wildschutzgebiete sind von Nationalparkbesuchern und Touristen abhängig. In Covid-Zeiten waren die Tiere auf sich gestellt, und es wurde sehr stark gewildert“, sagt Hanna Kleber. Sie gründete 2020 die Kommunikationsinitiative Voice4Africa, um in der D-A-CH-Region auf die Relevanz des Tourismus für Afrika aufmerksam zu machen. Immerhin, sagt sie, mache der Tourismus etwa zehn Prozent des afrikanischen Bruttoinlandsprodukts aus. Ziel des Projekts sei es, einen verantwortungsvollen Tourismus zu fördern als Motor für nachhaltige Entwicklung und Völkerverständigung. Durch Lobbyarbeit, Interviews, Charity-Aktionen, Events und Social-Media-Kampagnen zeigt Voice4Africa Präsenz.

Es geht uns darum, die vielen positiven Geschichten Afrikas zu erzählen und dem Kontinent dadurch im deutschsprachigen Raum eine Stimme zu geben“, führt Kleber aus. „So wollen wir ein Gegengewicht zum eher negativ geprägten, klischeehaften Bild von Afrika schaffen, das hierzulande vorherrscht.“

Vornehmlich lokale Initiativen finden durch das Projekt ein Sprachrohr, wie weibliche Ranger, die in der Krisenzeit Tiere in vernachlässigten Nationalparks vor Wilderern schützten. Ein weiteres Projekt, die African Women in Business Initiative (Awib), setzt sich für weibliche Führungskräfte ein. „Häufig sind es Frauen, die in Afrika die Dinge vorantreiben, auch in der Touristik“, sagt Hanna Kleber.